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‚Jenny Brockmann: Prototype BALANCE’, Universität Rostock und Fraunhofer IGP

Jenny Brockmann: Prototyp BALANCE
Ein Kunst-Wissenschaft-Projekt der Künstlerin Jenny Brockmann in Kollaboration mit dem Fraunhofer IGP und der Universität Rostock

Unter dem Titel “Prototyp BALANCE” startet ab März 2022 die erste interdisziplinäre Zusammenarbeit zwischen der Künstlerin Jenny Brockmann, der Universität Rostock und dem Fraunhofer-Institut für Großstrukturen in der Produktiontechnik IGP.

Initiiert durch Prof. Dr. Wolfgang Schareck, Rektor der Universität Rostock, und im Weiteren möglich gemacht durch den Leiter des Fraunhofer IGPs Prof. Dr.-Ing. Wilko Flügge und unter Federführung von Prof. Dr. Knuth Henkel (Fraunhofer IGP) schafft Jenny Brockmann gemeinsam mit Wissenschafterinnen und Wissenschaftlern des Fraunhofer-Instituts ein multiperspektivisches Kunst-Wissenschaftsprojekt, das Beschaffenheit, Grenzen und Zukunftsvisionen ihres Kunstobjekts Seat#12 auslotet. Nach einer intensiven dreimonatigen Forschungsphase am Fraunhofer IGP wird der neu adaptierte Seat#12 dem Fraunhofer IGP übergeben, wo er – im öffentlichen Raum – vor dem Institut in der Albert-Einstein-Str. 30 platziert und eingeweiht wird.

Seat#12 ist eine kinetische Skulptur mit Sitzgelegenheiten für zwölf Personen. Die Skulptur bezieht sich damit formal auf eine runde Konferenztischanordnung und lädt dazu ein miteinander Balance zu erproben. Mit seiner schwungartigen Funktion schafft Seat#12 eine ungewöhnliche Situation: Jede noch so kleine Bewegung eines Sitzenden wirkt sich direkt auf die Sitzposition aller anderen elf Sitzenden aus. Ausgestattet mit zwölf Aluminiumarmen, in der Mitte miteinander verbunden, dient das futuristisch anmutende Objekt der direkten und indirekten Kommunikation. Zwischen den Sitzenden entwickelt sich unweigerlich sowohl ein gesprochener, als auch gefühlter Diskurs. In der Vergangenheit begleiteten bereits errichtete Seat#12-Objekte speziell kuratierte Diskursveranstaltungen, die Expert:innen unterschiedlicher Fachrichtungen, beispielsweise aus der Kunst, Musik, Physik, Philosophie oder Chemie zu ausgesuchten Themen zusammenbringen und auf Seat#12 Platz nehmen lassen.

In Rostock wurde Seat#12 in dieser Form bereits im Zuge der Ausstellung “Experiment Zukunft” in der Kunsthalle Rostock 2019 gezeigt und für interdisziplinäre Veranstaltungen, den sogenannten Wippengesprächen, genutzt. Als Teil des damaligen Gemeinschaftsprojektes der Universität Rostock und der Kunsthalle Rostock anlässlich des 600-jährigen Jubiläums der Universität standen das Ausloten der Schnittstelle zwischen Kunst und Wissenschaft und ein gemeinschaftlicher Gedankenaustausch zu Zukunft und Interdisziplinarität im Vordergrund.

Mit “Prototyp BALANCE” wird die Kooperation zwischen Kunst und Wissenschaft nun über mehrere Monate in den Laboren des Fraunhofer IGP vertieft und eine neue Version des Originalobjektes Seat#12 geschaffen. So überprüft Brockmann für die Adaption von Seat#12 die Nutzung neuer Materialien für die Sitze oder neue Wege der Schweißung der Armverbindungen. Anhand existierender Kompetenzfelder des Fraunhofer IGP (Prüftechnik, Neue Verfahren und Werkstoffe oder Produktionssysteme und Logistik) entwickelt Jenny Brockmann vier außergewöhnliche Forschungseinheiten und tritt mit den Wissenschafterinnen und Wissenschaftlern zu den Themenfeldern #licht, #atmosphäre, #material und #temperatur in Dialog.

Entlang dieser Forschungseinheiten finden klassisch wissenschaftliche und technische Prüfungen mit Hilfe von Methoden wie dem Mikroskopieren, der Nutzung einer Klimakammer oder dem Experimentieren mit neuen Verbundstoffen statt. Diese verknüpfen sich im künstlerischen Ausloten und Beobachten der Forschungsergebnisse mit philosophisch, gesellschaftspolitisch und künstlerischen Perspektiven. Einblicke in den entstehenden Kunst-Wissenschafts-Dialog bieten einzelne Forschungsberichte mit Fotodokumentationen und Skizzen.

Im Mittelpunkt von Jenny Brockmanns “Prototyp BALANCE” steht neben der Arbeit an dem Kunstwerk Seat#12 vor allem auch die Auseinandersetzung mit der Wissensproduktion und der Forschung selbst. Folgt man der Kunsthistorikerin Elke Bippus, zeichnet künstlerisches Forschen gerade dieses Interesse an dem Prozess der Wissensproduktion sowie dem Schaffen von Denkräumen aus. (1) Mit “Prototyp BALANCE” eröffnet Brockmann einen Dialog zwischen Kunst und Wissenschaft – erzeugt Annäherungen, lotet Widersprüche aus, und bietet künstlerische Blicke auf Methoden und Verfahren der Fraunhofer IG.

FRAUNHOFER IGP
Ziel der Forschungs- und Entwicklungsaktivitäten des Fraunhofer IGP ist es, ganzheitliche Lösungen zu entwickeln, die Kunden eine kostengünstigere und qualitätsgerechte Fertigung ermöglichen. Diese Ziele werden mit anwendbaren und praxisgerechten Lösungen erreicht. Die Entwicklung neuer Methoden und Verfahren der Fertigung sowie die Umsetzung technisch anspruchsvoller, neuer ingenieurwissenschaftlicher Erkenntnisse aus der Forschung im Unternehmen gehören zum Leistungsspektrum des Fraunhofer IGP. Dazu schaffen unsere Wissenschaftler:innen den Innovationstransfer aus der Forschung in die Praxis.
www.igp.fraunhofer.de

UNIVERSITÄT ROSTOCK
Die im Jahr 1419 gegründete Universität Rostock ist die älteste im Ostseeraum. Die Universität Rostock hat ihre Forschungskapazitäten in interdisziplinären Forschungsschwerpunkten gebündelt, um sich den gesellschaftlichen Aufgaben der Zukunft stellen zu können.
www.uni-rostock.de

JENNY BROCKMANN
Die Künsterlin und Bildhauerin Jenny Brockmann lebt in Berlin und New York. Ihre international ausgestellten Arbeiten verbinden Technologie, Wissenschaft und Kunst. Sie studierte an der Berliner Universität der Künste, wo sie Schülerin von Rebecca Horn war, und erwarb ein Diplom in Architektur an der Technischen Universität Berlin. Brockmann schafft Werke, die sich durch eine diskursive Ästhetik auszeichnen. In Form von Skulpturen, interaktiven Raumanordnungen oder Gedankenskizzen erforscht die Künstlerin seit Jahren dynamische, räumliche und soziale Prozesse sowie natürliche Kreisläufe. Brockmanns Arbeiten sind Ausgangspunkt für den philosophischen Diskurs und für Fragen nach menschlichen Verhaltensmustern und gesellschaftlichen Strukturen.
www.jennybrockmann.de

(1) Siehe: Elke Bippus, Kunst des Forschens. Praxis eines ästhetischen Denkens., diaphanes, 2009. S. 16